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Ballast

  • Christinalou
  • 1. Dez. 2022
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 14. Dez. 2022

Ich bin nicht sozial

Ich bin eine schlechte Freundin

Ich bin langweilig

Ich bin nicht richtig

Das habt ihr mir gesagt oder oft auch nur gezeigt

Dabei wart ihr mir nahe

Wart ihr mir wichtig und ich

Ich nur ein Kind


Wie hätte ich wissen können, dass das nur eure Realität ist

Das meine ganz anderes aber genauso richtig sein kann

Jetzt stehe ich hier mit diesen Glaubenssätzen im Gepäck

Sie halten mich auch heute noch klein, ziehen mich runter

Machen mich unsicher und übervorsichtig


Bitte sei nicht enttäuscht von mir


Introvertierte Kinder verunsichern Eltern oft, meinte meine Therapeutin neulich

Alleine spielen? Was, wie, Sie will keine Freunde sehen? Hat sie keine Freunde?

Wird sie gemobbt? Ist sie unglücklich? Haben wir etwas falsch gemacht?


Logisch, dass ich als sensibles, empathisches Kind sehr darauf erpicht war alle glücklich zu machen auch, wenn das manchmal weh tut

Meinen Schmerz kann ich tragen, doch der der Anderen drückt mich zu Boden


Für das Wohl aller Lächeln und Schlucken

Und heute spüre ich wie sich mein Puls beschleunigt, wenn sich Menschen weiter in meinen Orbit vorwagen

Hey!

Hey du! Pass auf, ich enttäusch dich sicher, komm lieber nicht zu nah, ich bin gar nicht so nett wie ich von weiter weg erscheine


Rückzug zum Selbstschutz

Weil es Energie kostet sich ständig zu verbiegen und klein zu machen

Immer Rücksicht zu nehmen auf alle außer auf mich


Du hältst mich, ich halte dich Wir halten uns auf Distanz

singt Alligatoah in "gute Bekannte"


In meiner Welt trage ich Verantwortung für die Entwicklung von Beziehungen die mir wichtig sind, deswegen lieber gleich gar nicht zu nah ran lassen, dann kann ich mich leichter zurückziehen

Bekanntschaft statt Freundschaft

Das Friendzonen der platonischen Beziehungen

Cool und locker, ganz ohne Erwartungen und Enttäuschungen

Hoch lebe der Opportunismus


Egal, ob wir hsp (highly sensitive Person) als Trait akzeptieren oder nicht, gibt es Kinder wie mich

Denen das Kino viel zu laut ist, der Kindergarten zu voll und der Streit der Eltern jedes Mal ein Weltuntergang

Diese Kinder werden vielleicht zu Erwachsenen die sich im Büro nicht konzentrieren können, weil überall Geräusche sind oder die sich auf Partys fast erschlagen von all den Eindrücken und Stimmungen fühlen, die vielleicht nicht gerne in Bars gehen, weil sie es nur schwer schaffen die Hintergrund Gespräche auszublenden (apropos Ausblenden: anscheinend gibt es Menschen die sowas automatisch können - faszinierend)

Das alles kostet Energie

Energie die mir häufig fehlt für die Pflege von Freundschaften


Dann höre ich sie wieder diese Stimme

Ich soll doch etwas sozialer sein, sonst ist bald keiner mehr da

Dann bleibst du alleine zurück

Dann siehst du, was du davon hast!!


Aber wo sind sie, diese anderen introvertierten, sensiblen Leute?

Wohl wie ich, ungern auf Partys

Ich hätte sie damals gebraucht

Als Kind, als ich das Gefühl hatte es ist nicht okay so zu sein wie ich

Zu still, zu schüchtern, zu sensibel, zu gerne in seiner eigenen Welt, zu eigensinnig


Heute weiß ich, ich bin sozial, beziehungsfähig, interessant und für gewisse Menschen sicher eine gute Freundin

Trotzdem setzte ich auch heute ungerne Grenzen aus Angst vor diesen Worten

Suche mir lieber Menschen die von selbst wenig Nähe brauchen oder mein geflüstertes "Nein" hören bevor ich es meinen Mund verlassen hat


Mein "people pleaser" Dasein lässt sich schwer vereinbaren mit einer gesunden self care, gerade als Introvert

Kognitive Dissonanz, nennt sich dieses nicht in Einklang bringen der eigenen Vorstellungen, Bedürfnisse, Wertehaltungen.

"Dann mach dir einfach weniger aus, wenn du weißt, dass es dir dann zu viel ist" - höre ich mich altklug sagen.

Jaja, weil du den Weg durch das Dornengestrüpt wählen würdest, wenn daneben eine asphaltierte Straße ist...

Ich mag diese Versinnbildlichung sehr, denn genauso fühlt es sich mMn an neue Verhaltensmuster zu lernen.

Auch, wenn die alten schädlich oder längst nicht mehr zeitgemäß sind.

Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.

Wir sind alle Gewohnheitstiere

Ungewohntes ist erst einmal unsicher, unbequem, macht vielleicht Angst.

Umso niedriger dein Energietank gerade ist umso lieber möchtest du den gewohnten Weg nach Hause gehen, so ist es bei mir zumindestens.

Darum ist es so wichtig zu Üben solange es gerade nicht notwendig ist, solange die Energie im Überfluss da ist.


Ich nehme mein kleines ich in den Arm

Halte es ganz fest und sag ihm, dass es perfekt ist wie es ist


Warum muss ich jetzt Weinen?

Warum tut das weh, das zu hören?


Ich wünsche allen Kinder (egal, ob noch im Wachsen oder in ausgewachsener Form) diesen Glaubenssatz

Diesen Moment

Dass dich jemand hält und dir sagt, dass du richtig und wichtig bist, genau so wie du bist

Du wirst geliebt und wenn es nur ich bin

Es ist okay zu fühlen, egal was

Ich weiß du wolltest nie jemandem weh tun, auch dir selbst nicht

Aber ich verzeihe dir


Wir sind jetzt groß und können Türen schließen, wenn es zu laut ist

Können laut Schreien, wenn uns sonst keiner zuhört

Und können uns für uns selbst stark machen, wenn uns weh getan wird


Schreib dir das auf einen Zettel oder gleich die ganze Wand voll:


du bist richtig, genau so wie du bist


und niemand hat das Recht dir seine Realität als deine zu verkaufen ❤️

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